Kolumne

hundertprozent subjektiv

KW 11
Freitag, 15.03.2002

Die Xbox ist da...


Die Xbox ist da - und löste erst mal einen Preiskampf aus, den es so früh und so spektakulär noch nie in der Spielebranche gegeben hat. Während geduldige Amazon-Besteller ihrer 479 Euro teuren Xbox entgegen sehnten, preschte der Media Markt mit 399 Euro vor - so mancher Einzelhändler war stinksauer. Aber so richtig ins Fäustchen lachten sich Spieler in Leipzig: unglaubliche 299 Euro sorgten für West-Flucht und Staus in Richtung Sachsen. Doch was sind schon finanzielle Grabenkämpfe gegen religiöse Glaubenskriege?

Die Zockerwelt ist gespalten: Wer in letzter Zeit die Foren diverser Online-Magazine verfolgt und aufmerksam die Kommentare zu so manchem Next-Generation-Test gelesen hat, wird unweigerlich an die theologischen Dispute des 30-jährigen Krieges erinnert: Voreingenommen, fanatisch und meist unter der Gürtellinie bekriegen sich vor allem Xbox- und GameCube-Anhänger. Wertungen der Konkurrenz-Plattform werden zerrissen, Argumente zählen nur selten oder werden einfach wegpolemisiert. Ein kleiner Auszug:

N: GAMECUBE RULEZ!!!!!!!!!!!!!
X: du bis doch son Nintendo-Kiddy...
N: halts Maul du Gates-Jünger!!!
X: neidisch, wa? schon mal DoA 3 gesehen?
N: jo, voll der Dreck! da is Soul Calibur auf DC ja besser!
X: kuck dir ma die Cube-Spiele an - lächerlich! XBOX RULEZ!!!!!!!

Das gab es zwar schon zu Amiga und Atari ST-Zeiten und auch im PS2- und Dreamcast-Lager. Und auch die Parallelen zum Windows-Linux-Disput sind unverkennbar. Aber warum spaltet die Xbox dermaßen? Vielleicht, weil sich Microsoft als PC-Konzern auf heiligen Boden begibt. Ein Rückzugsgebiet ohne Patches, Abstürze und Bugfixes mit einer ganz bestimmten Zockerklientel, die für Windows und PC-Games nur ein müdes Lächeln übrig hat und sich meist am Spieldesign japanischer Schule ergötzt.

Microsofts schwarzer GeForce-Kiste fehlt trotz aller Hardware-Power und zukunftsorientierter Online-Unterstützung einfach die Tradition, das gute Image; und der Preis lässt viele an die Windows-Abzocke denken. Zudem propagieren die Redmonder (wie alle anderen Anbieter) neue Spielspaßdimensionen, die aufgrund des Hypes um die Grafik-Power besonders kritisch beäugt werden - zu Recht: Trotz zahlreicher Top-Games haben Tests schnell gezeigt, dass sich auch hinter vielen Xbox-Titeln hübsch polierte Langeweile verbirgt.

Hinter dem GameCube steht dagegen die Nintendo-Tradition mit Symbolfiguren wie Mario & Zelda, die eine ganze Generation geprägt haben und für Spielspaß pur stehen. Aber leider lösen die Starttitel bei den Fans nicht gerade Begeisterung aus - die typischen Nintendo-Kracher sucht man vergebens. Richtig sympathisch wird der GameCube jedoch aufgrund des Preises. Geplante 249 Euro machen ihn zur Konsole des kleinen Mannes, der nicht so tief in die Tasche greifen kann und bei allem Säbelgerassel aus Redmond trotzig den kleinen Würfel wählt.

Die nächsten Wochen werden zeigen, ob sich die Xbox hierzulande ähnlich erfolgreich schlägt wie in den USA oder ein zweites Japan erlebt. Der GameCube hat noch eine Galgenfrist bis Mai. Und immerhin hat die PS2 noch ein Wörtchen mitzureden - keine andere Plattform hat so viele Top-Titel in petto. Wie entscheidet Ihr Euch?

Jörg Luibl
4P|Textchef

 

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